offene unterrichtsarbeit
schülergerechtes arbeiten
lernen an stationen
elternarbeit
erwachsenenbildung
lerntypen



Den Schülerinnen und Schülern bei der Ermittlung ihres Lerntyps behilflich sein

"L e r n t y p e n t e s t"

Es werden mit den Schülern gemeinsam Versuche und Übungen durchgeführt. Über die Selbstbeobachtung soll zum einen die Selbstwahrnehmung verstärkt werden und sind gleichzeitig Grundlagen für Schwerpunkte einzelner Lerntypen erkennbar.

Ziel ist, vorhandene Strukturen zu nutzen und das Lernen individuell zu gestalten. Dabei werden individuelle Lernwege erfahren, praktisch angewandt; gleichzeitig wird das Lernen vereinfacht

Im Vordergrund stehen dabei in erster Linie

- Schwerpunktbildungen im Großhirn
(eher Linkshirndominanz - eher Rechtshirndominanz)

- Schwerpunkte im Bereich der Eingangskanäle
(visuell - auditiv - kinästhetisch)

- Allgemeine Denkmuster
- Orientierung in der Zeit
- proaktiv - reaktiv
- problemorientiert - zielorientiert
- . . .

(siehe hierzu: Roland Bauer: Kindgerechte Grundschule gestalten. Berlin 2000, Seite 67 ff
Roland Bauer: Schülergerechtes Lernen in der Sekundarstufe I, Berlin 1997, Seite 30 ff)


Grundlagen und Erkennungsmöglichkeiten von unterschiedlichen Schwerpunkten

1) Großhirndominanz

Es ist schon lange bekannt, dass z.B. die rechte Großhirnhälfte Empfindungen der linken Körperhälfte wahr nimmt und Bewegungen der linken Körperhälfte steuert. Dominanzen in der Aktivität der beiden Körperhälften (dominante Hand, dominantes Bein, auch das dominante Auge) verursachen jeweils in der gegenüberliegenden Großhirnhälfte ebenfalls verstärkte Aktivität. In spontanen Denkvorgängen und in Belastungssituationen aktiviert sich das Gehirn ebenfalls zunächst in dem Bereich, der auch sonst verstärkte Aktivität besitzt.


Dominanz der Hand

Die (wie zum Gebet) gefalteten Hände signalisieren meist eine ursprüngliche Dominanz der Hand: von Natur aus Linkshänder oder Rechtshänder.
Die entsprechenden Finger der dominanten Hand sind beim Falten jeweils über denen der anderen Hand (z.B. ist bei Rechtsdominanz der rechte Daumen über dem linken, der rechte Zeigefinger über dem linken usw. Bei Linksdominanz ist jeweils der entsprechende Fionger der linken Hand über dem der rechten Hand)

Dabei sind nach statistischen Erhebungen diese beiden Gruppen etwa hälftig in der Bevölkerung zu sehen. In unserem mitteleuropäischen Kulturbereich waren bisher im Ansehen die Rechtshänder bevorzugt, häufig wurden Kinder auch in diese Richtung erzogen bzw. gedrängt.
Wichtig ist bei der Beobachtung die Wahrnehmung, bitte nicht gleich bewerten.
Diese Dominanz muss sich dabei nicht erhalten haben, es ist eben die ursprüngliche. Sie kann sich bereits in den ersten Lebenswochen durch entsprechende schwerpunktmäßige "Nutzung" einzelnen Hände verändert haben.
Beim Öffnen der Geldbörse werden oft noch ursprüngliche Strukturen sichtbar: Die dominante Hand greift in der Regel in die mit der anderen Hand gehaltenen Geldbörse und entnimmt das Geld.

Auch die verschränkten Arme geben Hinweise auf Dominanzen: Meist ist der beim Verschränken oben liegende Arm der dominante.
Wenn beim Verschränken der Arme der rechte Arm über dem linken Arm liegt, also die rechte Hand dann unter dem linken Oberarm verschwindet, ist eher Rechtsdominanz vorhanden; wenn der linke Arm beim Verschränken über dem rechten Arm liegt - die linke Hand also unter dem rechten Oberarm verschwindet, ist eher Linksdominanz festzustellen.

Dominanz des Beines

Leichter lässt sich die Dominanz beim Bein feststellen:
Nach dem "Hinsitzen" wird beim erstmaligen Beine-Übereinanderschlagen in der Regel das dominante Bein über das andere geschlagen. (Mit dem dominanten Bein wird z.B. auch ein
Elfmeter geschossen).

Bei jüngeren Schülern oder bei Kindern kann auch die Methode der Sportverkäufer angewandt werden, mit der selbige das dominante Bein bestimmen:
Der "Probant" stellt sich, beide Beine gleich belastend, hin und wird durch ein belangloses Gespräch abgelenkt. Ein leichter unvorhergesehener Stoß von hinten veranlasst ihn einen Ausfallschritt nach vorne zu machen. Dieser Schritt wird fast immer mit dem dominanten Bein begonnen.

Augendominanz

Das einfachste ist, jemanden durch den Sucher einer Kamera blicken zu lassen. Die Kamera wird von allen Menschen an das dominante Auge geführt.
Bei der anderen Möglichkeit, die auch mit großen Gruppen möglich ist, betrachtet der "Probant" durch ein etwa augengroßes Loch in einem Blatt mit beiden offenen Augen irgend einen Gegenstand oder eine Darstellung. Das Blatt wird dabei mit gestreckten Armen gehalten und anschließend langsam zum Auge hin bewegt. Das "Guckloch" endet dabei wieder am dominanten Auge.

Zusammenfassung und Auswertung zur Großhirndominanz:

Bitte die Ergebnisse nicht werten! Alles ist in Ordnung und niemand ist bei irgendwelchen Kombinationen "falsch gewickelt"!
Prioritäten im linken Körperbereich signalisieren, dass die rechte Großhirnhälfte in Spontan- und Stresssituationen ihren Einfluss deutlich anmeldet. Diese "Rechtshirnschwerpunkte" haben schon deswegen meist Priorität, weil erste Eindrücke und vor allem Gefühle zuerst und vor allem "rechtshirnig" wahrgenommen und verarbeitet werden.

Auswirkungen der Schwerpunktbildungen im Großhirn:

Menschen mit stärkeren Ausprägung in der rechten Hemisphäre haben ihre Scherpunkte neben der meist haptischen Wahrnehmung im intuitiven, fantasievollen, ganzheitlichen Denken. Formen, Muster und Farben sprechen sie stark an, Visualisierung ist wichtig.

Menschen mit Schwerpunkten in der linken Hemisphäre gehen meist sehr logisch und linear vor, können mit Symbolen (Buchstaben, Zahlen und Rechenzeichen) sehr gut umgehen und differenzieren Details und Fakten gerne aus bzw. wünschen diese sehr differenziert. Sprache (und damit verbunden das Reden und das Zuhören) betrachten und nutzten sie sehr gerne, sind jedoch in der Begrifflichkeit auch stark auf Exaktheit und Optimierung fixiert.

Siehe hierzu auch:
Barbara Meister Vitale: Lernen kann Phantastisch sein - kindgerechtes Lernen durch den Einsatz beider Gehirnhälften. Berlin 1996, Seiten 10 und 12

Michael Grinder: NLP für Lehrer, Freiburg 1991, Seiten 62 ff

Hans Schachl: Was haben wir im Kopf? Linz 1996. Seiten 23 ff

Roland Bauer: Kindgerechte Grundschule gestalten. Berlin 2000, Seiten 69 ff

Roland Bauer: Schülergerechtes Lern und Arbeiten in der Sekundarstufe I. Berlin 1998. Seiten 43 ff

In "Kindgerechte Grundschule gestalten" stellen Roland Bauer und Jutta Maurach auch die Schlussfolgerungen und Umsetzungsmöglichkeiten für Lernangebote vor.


2) Die Eingangskanäle oder Repräsentationsebenen
(auditiv - visuelle - kinästhetisch)

Hier gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, mit denen bisherige oder spontane Schwerpunktsetzungen auf den Wahrnehmungs- Verarbeitungs- und Erinnerungsebenen festgestellt werden können:

a) Assotiationen / Wahrnehmungen notieren, die beim Hören von Begriffen entstehen:

Den Schülern werden nacheinander Begriffe vorgelesen, die Wahrnehmungen auslösen. Es werden dann bei den Begriffen
- Hören (auditiv
- Sehen (visuell)
- Fühlen (Hautwahrnehmung und Gefühle)
- Riechen (olfaktorisch)
- Schmecken (goustatorisch)

die spontanen Wahrnehmungen in Form von Strichlisten festgehalten und somit Anzahlen bestimmt. Das Ergebnis gibt einen groben Überblick und ermöglicht durch das Zusammenfassen von Riechen, Fühlen und Schmecken zum kinästhetischen Bereich (im Sinne von Frederic Vester) meist auch das Erkennen von Schwerpunktausprägungen bei den einzelnen Menschen.

(Testmöglichkeiten dazu sind im Themenheft von
Simone Fuoss / Wiebke Stähle: "Rechtschreiben üben". Cornelsen-Scriptor Berlin 1999, Seiten 9 ff für den direkten Einsatz mit den Schülern bereits veröffentlicht. Sie greifen direkt auf die Erfahrungen von mir zurück.)

b) Frei geschriebene Texte der Schüler analysieren:

In frei formulierten mündlichen und schriftlichen Äußerungen (auch Texten) verwenden Menschen Begriffe aus ihrem bevorzugten Eingangs- und Verarbeitungskanal verstärkt.
Texte können also darauf hin "untersucht" werden und gebe eine grobe Richtung.

Begriffe aus der eher

visuellen Ebene sind z.B.:
klar, sehen, zeigen, darstellen, konstruieren, hell, dunkel, farbig, groß, klein, beobachten, Aussicht, Bild, Licht, Farbe, Blitz, fokussieren, Spektrum . . .

auditiven Ebene sind z.B.:
hören, erzählen, schreien, fragen, sagen, singen, pfeifen, laut, leise, husten, kreischen, quietschen, betonen, Tonfall, Schall, Lärm, Musik, Stimme, rauschen, knistern, verstehen . . .

kinästhetischen Ebene sind z.B.:
fühlen, begreifen, auseinandersetzen, zusammenfassen, zusammenfügen, schreiben, anfassen, schlagen, drücken, warm, kalt, trocken, feucht, weich, hart, stumpf, spitzig, grob, tasten, tappen, kitzeln, liegen, hinweisen, spüren . . .

c) Augenbewegung bei Reaktionen auf Fragen beobachten: (kommt aus dem NLP)

Fragen nach dem gestrigen Abendessen oder z.B. nach einer schönen Erinnerung an Weihnachten lassen den Probanten entweder zunächst in

- Bildern suchen (dann bewegen sich die Augen kurz nach oben)

- Nach Geräuschen, Gesprächen usw. suchen (dann bewegen sich die Augen nach links oder rechts)

- Nach kinästhetischen Erinnerungen suchen, was Gefühle, haptischen Erfahrungen, Geschmack oder auch Geruch sein kann (dann bewegen sich die Augen nach unten)

So erhalten wir erste Anhaltspunkte auf momentan bevorzugte Strukturen

Weiterführende Literatur:

Bernd Cleveland: Das Lernen lehren. Freiburg 1995, Seiten 30 ff

Michael Grinder: NLP für Lehrer, Freiburg 1991, Seiten 31 ff

Hans Schachl: Was haben wir im Kopf? Linz 1996. Lerntest auf den Seiten 98 ff


3. Übrige Denkmuster erkennen:

Diese Denkmuster sind wiederum sehr gut an freien Äußerungen der Schüler/innen oder aber an frei von ihnen verfassten Texten in ihrer Grobstruktur zu erkennen.
Freie Äußerungen sind dabei sinnvollerweise auf Band oder einem Diktiergerät mit zu schneiden, um eine langsame und konzentrierte Auswertung zu ermöglichen.
Als Grundlage für diese Äußerungen bieten sich Aussagen zum Urlaub, Freizeittätigkeiten, ggf. dem Computer oder der Stereoanlage usw. an.


Erkenntnisse zur Orientierung in der Zeit:

Vergangenheitsorientierung
- baut auf bisheriger Erfahrung auf
- schildert Dinge, die zeitlich zurück liegen
- bezieht sich auf Erfahrungen, die in diesem Bereich schon gemacht wurden
- möchte eine Bestandsaufnahme
- bezieht sich gerne auf geschichtliche Begebenheiten
- bezieht sich auf Aspekte der vergangenen oder bisherigen eigenen Ausbildung (Schulerfahrung)
- benutzt Verben gerne in der Vergangenheitsform
- usw.

Gegenwartsorientierung:
- die Schilderung bezieht sich auf die gegenwärtige Lage
- die Argumentation bezieht sich ebenfalls auf die gegenwärtige Lage
- benutzt Verben überwiegend in der Grundform
- usw.

Zukunftsorientierung:
- Argumentation bezieht sich auf anzustrebende Dinge
- Die Schilderung beschreibt einen anzustrebenden / gewünschten Zustand
- Führt vergangenheits- und gegenwartsbezogene Dinge vor allem als Begründung für den künftigen Verlauf bzw. Zustand an
- Verwendet Verben im Konjunktiv
- usw.

Mit den übrigen Denkmustern (proaktiv/ reaktiv; Gleichheiten / Alternativen; Problemorientierung / Zielorientierung) kann in gleicher oder ähnlicher Weise verfahren werden.

Nähere Aussagen und Hinweise finden Sie in

Roland Bauer: Kindgerechte Grundschule gestalten, Berlin 2000. Seite 75 ff

Zusammenfassung und Ausblick:

Als Abschluss sei nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Schüler auf diese Weise von ihnen bevorzugte Denk- und Arbeitsweisen erfahren und diese durch Verstärkung künftig bei ihrem Lernen bewusst einsetzen.
Eine Bewertung unterschiedlicher Lernarten, Schwerpunkte usw. muss auf jeden Fall vermieden werden, da sie zum einen ungerecht ist und zum anderen evtl. damit auf das schulische Lernen bezogene Schwächen nur verstärkt und im Extremfall Blockaden aufbaut.

Eine tiefergehende und auf die Sekundarstufe bezogene Betrachtung ist in der Veröffentlichung des Verfassers (Cornelsen-Scriptor-Verlag) zu finden: Roland Bauer: "Schule als Lern- und Lebensort gestalten"
Dort ist ebenfalls enthalten, wie mit Denkmustern umgegangen werden kann, die den bisherigen Anforderungen der Schule eher widersprechen; auch im Hinblick auf die Leistungsmessung!
(In der Schule wird z.B. vieles auf der akustischen Ebene (Sprache) vermittelt, was nachher in einem Leistungsnachweis auf der optischen Ebene (Geschriebenes, Gezeichnetes usw.) eingefordert wird.

An dieser Aussage erkennen Sie auch die Einstellung des Verfassers, dass es nur bedingt gut sein könnte, wenn ein Lerntypentest überwiegend schriftlich und in der bisherigen "Testform" vorn Schülern selbst durchgeführt würde. Es ist wichtig, dass Stärken der Schüler gemeinsam und teilweise im Dialog entdeckt werden, Strukturen nie bewertet und das für das Lernen unabdingbare "Miteinander" bereits beim Erkennen berücksichtigt wird.

Ich würde mich über eine Rückmeldung freuen und gehe davon aus, dass Sie Aussagen aus diesem Papier auch mit Quellenangabe verwenden.

Roland Bauer
Teckstraße 5
71126 Gäufelden
Tel. und Fax: 07032/72697
Mobil: 0172/6238913
e-mail: bauer@bauer-roland.de

dienstlich:
Staatliches Schulamt Reutlingen
Herderstraße 2
72762 Reutlingen
Tel. 07121/6288-20
Fax: 07121/6288-50



Seitenanfang 


© 2002 Roland Bauer. Alle Rechte vorbehalten